Natur- und Artenschutz
im Technologiepark Ostfalen
Die weitläufigen Grünanlagen des Technologieparks in Barleben stellen nicht nur attraktive Naherholungsflächen dar, sie sollen auch dem Erhalt der Artenvielfalt dienen.
Bei der Anlage der Rasenflächen mit Regelsaatgutmischungen ist eine robuste, aber wenig vielfältige Wiesenflora entstanden, wodurch der Artenreichtum der Wiesenflächen und damit einhergehend auch z.B. der Insekten eingeschränkt ist.
Um die Artenvielfalt zu erhöhen, haben der Zweckverband Technologiepark Ostfalen, der Landkreis Börde (untere Naturschutzbehörde) und der NABU Barleben e.V. vereinbart, ein gemeinsames Projekt zur Erhöhung der Biodiversität auf den Grünlandflächen im Technologiepark Ostfalen durchzuführen.
Wesentlicher Bestandteil des Projektes ist die Erhöhung der Anzahl der im Gebiet vorkommenden Pflanzen. Ziel ist dabei, daß alle einheimischen Arten, die gemäß ihrer natürlichen Standortansprüche (Bodenart, Wasserverfügbarkeit, Lichtverhältnisse, Temperatur) auf den unterschiedlichen Standorten im Technologiepark wachsen könnten, langfristig auch in stabilen Populationen vorkommen. Dazu werden verschiedene Maßnahmen umgesetzt:
- eine zeitlich und räumlich differenzierte Pflege der Wiesen führt dazu, daß von Beginn bis zum Ende der Vegetationsperiode ausreichend blühende Pflanzen als Insektennahrung zur Verfügung stehen und gleichzeitig stets kurzrasige Flächen existieren, auf denen verschiedene Vogelarten ihre Nahrung suchen können.
- die Hälfte der insgesamt ca. 50 ha großen Grünflächen, darunter auch die Feuchtwiesen entlang der Kleine Sülze und des Telzgrabens, wird fachkundig vom NABU Barleben gepflegt und dabei naturschutzfachlich aufgewertet.
- Pflanzenarten, die bisher nicht im Gebiet vorkommen, werden durch gezielte Ansaat, Pflanzung oder Mahdgutübertragung aus naturnahen Grünländern der Umgebung angesiedelt.
Die Übertragung von Mahdgut von einer artenreichen Wiese am Hägebach bei Samswegen wird seit einigen Jahren praktiziert. Einige Pflanzenarten, darunter Wiesenschaumkraut, Kuckuckslichtnelke und Kriechender Hahnenfuß, ließen sich auf diese Weise bereits im Technologiepark ansiedeln. Bereits seit dem Folgejahr bestimmen die weißen, rosa und gelb gefärbten Blüten den Blühaspekt auf den Entwicklungsflächen im Randbereich der Kleinen Sülze.
Bunt blühende Wiesen erfreuen nicht nur die Parkbesucher, sie beherbergen auch eine Vielzahl unterschiedlicher Insekten und weiterer Tierarten. Je nach Pflanzenartenzusammensetzung und Standortbedingungen der Grünländer existieren vielfältige Lebensgemeinschaften mit unterschiedlichen Ansprüchen an ihren Lebensraum. An jede Pflanzenart sind rund 10 bis 30 Tierarten gebunden. Die Projektpartner gehen davon aus, daß bei der Übertragung von Mahdgut auch Kleinlebenwesen aus der Hägebachaue auf die Wiesen übertragen werden können. Um beurteilen zu können, wie erfolgreich die bisherigen Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen im Sinne des Artenschutzes waren, wird in diesem Jahr erstmals eine systematische Bestandsaufnahme der Tierarten im Technologiepark durchgeführt. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den tagaktiven Schmetterlingen und Libellen, da diese Artengruppen den ökologischen Wert der Wiesen und vielfältigen Gewässerabschnitte innerhalb des Parks besonders deutlich widerspiegeln. Die Erfahrungen aus Barleben sollen langfristig auch der Erarbeitung zukunftsfähiger Konzepte dienen, um die unterschiedlichen Nutzungsansprüche an die kommunalen Grünflächen mit dem Wunsch nach mehr Naturerleben in Naherholungsgebieten zu vereinen und dabei gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz leisten zu können. über die Ergebnisse der aktuellen Datenerhebung werden wir an dieser Stelle fortlaufend berichten.
Die bunt blühenden Feuchtwiesenabschnitte südlich der Kleinen Sülze sind das Ergebnis einer gezielten Mahdgutübertragung aus dem Flächennaturdenkmal "Hägebachaue-Ostteil". Der Blühaspekt wird hier seitdem von Kuckucks-Lichtnelke (Lychnis flos-cuculi) und Scharfem Hahnenfuß (Ranunculus acris) bestimmt. Beide Arten dienen verschiedenen Schmetterlingsarten und vielen anderen Insekten als Nektarpflanzen.
Der Aurorafalter (Anthocharis cardamines) fliegt zeitig im Jahr während der Blütezeit von Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata) und Wiesenschaumkraut (Cardamine pratensis). Beide Pflanzenarten dienen den Faltern als Nektarpflanze und gleichzeitig als Futterpflanzen für die Raupen. Die Flügelspitzen der männlichen Aurorafalter sind auffällig orange gefärbt.
Der Braune Feuerfalter (Lycaena tityrus) fliegt im Technologiepark auf feuchten und trockenen Wiesenausprägungen. Seine gut getarnten, grünen Raupen fressen ausschließlich an Sauerampferarten (Rumex acetosella, R.acetosa).
Bei der Mahd der Grünflächen durch den NABU werden bewußt bestimmte Flächenbereiche ausgespart, um ausreichend Rückzugsräume für Insekten zu erhalten. In diesen „Schonstreifen“ können bestimmte Entwicklungsformen (Eier, Larven, Raupen, Puppen) überdauern. Verbleibende Wildkräuter und Stauden, wie der lila blühende Wiesen-Salbei (Salvia pratensis), stellen in der Übergangszeit wertvolle Nektarpflanzen auf den Flächen dar.
Im Technologiepark werden verschiedene Formen der Grünlandpflege/-bewirtschaftung praktiziert. Während die Randstreifen der Wege permanent kurz gehalten werden, wird ein Großteil der angrenzenden Wiesen nur zweimal jährlich gemäht. Die Flächen zeigen sich dementsprechend bunt blühend und strukturreich. Sie stellen wertvolle Lebensräume für verschiedene Tierarten dar, für die bei jeder Mahd hochwüchsige Randstreifen stehen gelassen werden.
Bunt blühende Staudensäume besitzen nicht nur einen hohen ökologischen Wert, sie bereichern darüber hinaus auch das Erscheinungsbild der Parkanlagen und erhöhen damit den Erholungswert für die Besucher.
Die strukturreichen Wiesen im Technologiepark stellen auch wertvolle Lebensräume für den Feldhasen (Lepus europaeus) dar, welcher hier vom reichlichen Nahrungsangebot und der schützenden Deckung profitiert. In der Roten Liste Sachsen-Anhalts wird er aufgrund rückläufiger Bestände als „stark gefährdet“ eingestuft.
Der Neuntöter (Lanius collurio) besiedelt strukturreiche Landschaften mit ausreichend hoher Insektendichte. Seine Beutetiere spießt er häufig im Sinne der „Vorratshaltung“ auf bedornten Ästen und Zweigen auf. Dieses Verhalten kommt ihm besonders in Zeiten mit schlechter Witterung, in denen sich die meisten Insekten versteckt halten, zugute. Die Bestände des Neuntöters gelten in Sachsen-Anhalt als stark abnehmend, was auf den Verlust von geeigneten Lebensräumen und das aktuell vieldiskutierte Insektensterben zurückzuführen ist.
Eine frisch geschlüpfte Falkenlibelle (Cordulia aenea) im Randbereich des Steinbruchs. Die Art fliegt an stehenden Gewässern mit großen Freiwasserflächen. Ihre Larven sind während ihrer mehrjährigen Entwicklung auf eine gut entwickelte Unterwasservegetation angewiesen.
Text und Bilder: Susen Schiedewitz