Die Tagfalter
im Technologiepark Ostfalen
Tagfalter gelten als geeignete Indikatoren, um den Zustand einer Landschaft bewerten zu können, da sie zum einem leicht zu beobachten sind, zum anderen aber empfindlich auf negative Umwelteinflüsse reagieren und aus Gebieten mit unzureichenden Lebensbedingungen verschwinden. Die Verfügbarkeit von geeigneten Raupenfutterpflanzen, einem vielseitigen Nektarangebot und ausreichend Überwinterungsquartieren sind wichtige Voraussetzungen dafür, daß der mehrstufige Entwicklungsprozess vom Ei bis zum flugfähigen Falter ungestört durchlaufen werden kann.
Während sich die Raupen mancher Arten ausschließlich von Süßgräsern ernähren, sind andere auf das Vorkommen bestimmter Wildkräuter und -stauden angewiesen. Wieder andere fressen nur an den Blättern bestimmter Gehölze. Demnach kommen umso mehr Schmetterlingsarten in einem Gebiet vor, je artenreicher dessen Pflanzenartenzusammensetzung ist. Darüber hinaus sind die meisten Arten von einer schonenden Landnutzungsform abhängig.
Um die Lebensraumqualität im Technologiepark für wild lebende Tier- und Pflanzenarten zu erhöhen, wird ein Teil der großflächigen Grünanlagen im Technologiepark fachkundig vom NABU Barleben gepflegt. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Schutz der allgegenwärtig rückgängigen Insektenfauna.
Zwischen Mitte April und Mitte September 2019 wurde, mit finanzieller Unterstützung von LOTTO Sachsen-Anhalt, erstmals eine systematische Bestandsaufnahme der tagaktiven Schmetterlinge (Tagfalter) im Technologiepark durchgeführt. Dabei wurden verschiedene Wiesenausprägungen wöchentlich auf ihre Tagfalterdichte und -vielfalt untersucht.
Im Ergebnis konnten 28 Tagfalterarten im TPO nachgewiesen werden, darunter auch drei aus der Roten Liste des Landes Sachsen-Anhalt. Ein Teil der Arten kam regelmäßig und in relativ hoher Individuendichte vor, von einigen konnten dagegen nur Einzeltiere beobachtet werden.
Der vollständige Projektbericht kann beim NABU Barleben angefordert werden.
Ein besonders hohes Aufkommen konnte vom Distelfalter (Vanessa cardui) beobachtet werden. Während unzählige Exemplare des Wanderfalters Mitte Juni in Deutschland einflogen, stellten die blütenreichen Wiesen im TPO wichtige „Raststätten“ auf deren Durchreise dar.
Das Kleine Wiesenvögelchen (Coenonympha pamphilus) gehört zu den häufigsten Tagfaltern im TPO. Die Raupen fressen an verschiedenen Süßgräsern, die flugfähigen Falter suchen unter anderem blühende Kuckucks-Lichtnelken auf den Mahdgutübertragungsflächen südlich der Kleinen Sülze auf.
Der schwarz-weiß gemusterte Schachbrettfalter (Melanargia galathea) kann von Juni bis Juli besonders häufig auf den bunt blühenden, trocken-warmen Wiesen im südöstlichen Teil des Technologieparks beobachtet werden.
Der Kleine Perlmuttfalter (Issoria lathonia) gehört ebenfalls zur Gruppe der Wanderfalter, die jedes Jahr aus dem Süden bei uns einfliegen. Die Raupen fressen an wilden Veilchenarten. Namensgebend sind die runden, perlmuttfarbenen Flecken auf den Flügelunterseiten.
Der C-Falter (Polygonia c-album) fliegt hauptsächlich im Randbereich von Gehölzen, wo die Weibchen ihre Eier an Brennnesseln, Haselnusssträuchern oder Salweiden ablegen. Unter den einheimischen Tagfaltern besitzt der C-Falter einzigartige, tief eingeschnittene und stark gezackte Flügelränder, die ihm ein tropisches Aussehen verleihen.
Der Baumweißling (Aporia crataegi) besiedelt locker mit Gehölzen bestandene Biotope, darunter auch Streuobstwiesen. Da seine Raupen neben wilden Rosengewächsen auch an kultivierten Obstbäumen fressen, galt er früher als Gartenschädling. Durch seine Größe und die schwarz gezeichneten Flügeladern ist er unter den heimischen Arten unverwechselbar.
Die Bestände der Goldenen Acht (Colias hyale-alfacariensis-Komplex) sind durch den Verlust artenreicher Grünländer in Sachsen-Anhalt rückgängig. Für ihre Entwicklung sind die Raupen auf das Vorhandensein verschiedener Kleearten angewiesen. Namensgebend für die Art ist die goldgelbe Färbung der Falter und das 8-förmige Symbol auf der Unterseite der Hinterflügel.
Auch der Reseda-Weißling (Pontia edusa) gehört zu den Wanderfaltern, die in unregelmäßigen Abständen aus dem Süden nach Mitteleuropa einfliegen. In unseren Breiten bringt die Art mehrere Generationen hervor. Die Raupen ernähren sich von verschiedenen Kreuzblütengewächsen.
Rostfarbige Dickkopffalter (Ochlodes sylvanus) besiedeln ein breites Spektrum an trockenen und feuchten Biotopen, wo die Raupen an verschiedenen Süßgräsern fressen. Ende Juni flogen vereinzelte Exemplare dieser kleinen Falter auf der bunt blühenden Biberwiese am Ufer der Kleinen Sülze.
Der wärmeliebende Malven-Dickkopffalter (Carcharodus alcae) gehört in Sachsen-Anhalt zu den gefährdeten Arten (Rote Liste Kat.3). Für die Entwicklung der Raupen sind sonnige Bestände mit Malvengewächsen Voraussetzung.
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